Mein Rügen

	„Rügen ist die größte deutsche Insel. Sie liegt vor der pommerschen Ostseeküste und 
	gehört zu Mecklenburg-Vorpommern.“

	So liest es sich bei Wikipedia. Unromantische Prosa. Fakten.





	"Mein Rügen" - das ist vor allem der Ort, an dem ich geboren wurde.
	Das ist die Landschaft, die ich vom ersten Augenblich in meinem Leben kenne.
	
	"Mein Rügen" - das ist die Erfahrung mit einem ganz besonderen Menschenschlag.
	Manchmal als "maulfaul" bezeichnet, sage ich: eher besonnen und nicht mit der
	Tür ins Haus fallend. Unfreundlich? Nein, nur anders freundlich als z.B. ein
	Bewohner Bayerns.
	
	Ein Beispiel: Im August 2007 waren wir auf der Insel, meine Frau und ich. Wir
	hatten Karten für die Störtebeker-Festspiele und fuhren, wie wir meinten,
	rechtzeitig vor Beginn der Veranstaltung nach Ralswiek. Die Parkplätze waren 
	schon recht gut gefüllt und ich rangierte aus der Einfahrt zu einem Parkplatz 
	zurück, um 	einen anderen anzusteuern. Ein junger Mann hupte und machte mir 
	Zeichen, anzuhalten und das Fenster herunterzudrehen. Ich solle immer hinter ihm 
	herfahren und könne auf seiner Wiese hintern Haus parken. Von dort war es
	dann auch nur knapp 400m bis zum Naturtheater. Der freundliche Rüganer
	sagte noch etwas wie "...jeden Tag eine gute Tat", nahm unseren herzlichen
	Dank entgegen (ich doch auf Platt.. zu Hause kommen die Erinnerungen) 
	und wünschte uns einen schönen Abend. 
	Der wurde es dann auch.

	"Mein Rügen" - das ist die einzigartige Natur in allen Jahreszeiten. Das
	ist eine zugefrorene Ostsee genauso wie das alljährlich im Frühjar und Herbst
	kilometerweit zu hörende Kranichgeschrei, die Möven, die manchmal einen
	Gruß fallenlassen und die weiten flachen Hügellandschaften. Und kein Ort
	aus der Insel ist wohl weiter vom Wasser entfernt als 5km.
	
	"Mein Rügen" - das sind auch die Erinnerungen an die alten Straßen, Alleen
	mit Linden unter denen sich das Katzenkopf-Pflaster im Schatten ausruhte.
	
	"Mein Rügen" - das ist Salzhering zu Pellkartoffeln, Schmorkohl von Wittow
	oder herrlich fangfrische gebratene Ostsee-Flunder zu den ersten Frühkartoffeln
	und gartenfrischem Gemüse aus Erbsen und Möhren.
	
	"Mein Rügen" - das sind auch die Erinnerungen an die Schulzeit, mehr an die
	in Bergen an der EOS (heute Gymnasium "Ernst-Moritz-Arndt") als an die 
	Poseritzer Schule, mit 16, 17 und 18 jahren hat man doch schon bleibende
	und kräftige Erinnerungen. Die Freundschaften von damals, der erste Kuß, die
	Abende im "G-Haus", das Internat in der Teichstraße und.. und.. und..
	
	"Mein Rügen" - das ist ganz in mir drin, das kann mir keiner nehmen, nicht mit
	supermodernen Touristenburgen (die es auf Rügen fast nicht gibt, Gott sei Dank!),
	"gehobener Gastronomie" (die es doch leider zu viel gibt), nicht mit Touri-Werbung
	und Schönmalerei. Rügen ist urwüchsig, rauh, kalt, Sommer-warm und auch schon mal
	schneesicher, Rügen ist das "Muttland", wer dort geboren ist, kann die Insel
	niemals vergessen!
	
	Einer der großen von der Insel hat es so gedichtet:
	
		Heimweh nach Rügen  (1842)

		O Land der dunkeln Haine,

		O Glanz der blauen See,
		Du Eiland, das ich meine,
		Wie thut´s nach dir mir weh!
		Nach Fluchten und nach Zügen
		Weit über Land und Meer,
		Mein trautes Ländchen Rügen,
		Wie mahnst du mich so sehr!
 

		O wie, mit goldnen Säumen

		Die Flügel rings umwebt,
		Mit Mährchen und mit Träumen
		Erinn´rung zu mir schwebt!
		Sie hebt von grauen Jahren
		Den dunkeln Schleier auf,
		Von Wiegen und von Bahren,
		Und Thränen fallen drauf.
 

		O Eiland grüner Küsten!

		O bunter Himmelschein!
		Wie schlief an deinen Brüsten
		Der Knabe selig ein!
		Die Wiegenlieder sangen
		Die Wellen aus der See,
		Und Engelharfen klangen
		Hernieder aus der Höh.
 

		Und deine Heldenmäler

		Mit moosgewobnem Kleid
		Was künd´ten sie, Erzähler
		Aus tapfrer Väter Zeit,
		Von edler Tode Ehren
		Auf flücht´gem Segelroß,
		Von Schwerdtern und von Speeren
		Und Schildes-Klang und -Stoß?
 

		So locken deine Minnen

		Mit längst verklungnem Glück
		Den grauen Träumer hinnen
		Zu alter Lust zurück.
		O heißes Herzenssehnen!
		O goldner Tage Schein,
		Von Liebe reich und Thränen!
		Schon liegt mein Grab am Rhein.
 

		Fern, fern vom Heimathlande

		Liegt Haus und Grab am Rhein,
		Nie werd´ an deinem Strande
		Ich wieder Pilger seyn.
		Drum grüß´ ich aus der Ferne
		Dich, Eiland lieb und grün:
		Sollst unterm besten Sterne
		Des Himmels ewig blühn!
 

		(Ernst Moritz Arndt)